SCHMERZ – UTOPIE
[133] Plakat und Seite aus dem Denktagebuch zum Projekt Camp de la Bota, 2004-2006
Der Text auf schwarzem Grund erläutert: „El Camp de la Bota ist ein Projekt in progress des Künstlers Francesc Abad. Nachdem es in der Fundació Espais von Girona vorgestellt worden ist, beginnt es in Prat seinen Weg durch verschiedene Ausstellungsräume und Museen. Die Gemeinden, in denen die Ausstellung gezeigt wird, sind eingeladen, weitere Zeugnisse, Bildmaterial und Dokumente zum Thema der auf dem Camp de la Bota Erschossenen und allgemein zum Thema der franquistischen Repression beizutragen. Das Projekt entwickelt sich auf verschiedenen Ebenen: im Internet, als Wanderausstellung, in Form von Dossiers, Katalogen usw. Es wird also ständig daran weitergearbeitet. Jeder ist dazu eingeladen, das Projekt zu bereichern.“
Handschriftlich ist notiert: „Exil und Schmerz (El Camp de la Bota) Web. - der Augenblick (Erinnerung) leuchtet im Augenblick der Gefahr auf. - Die Gefahr bedroht sowohl den Bestand der Tradition als auch das Recht der Erben. - Die Tradition gegen den Konformismus, der immer kurz davor ist, sie sich einzuverleiben. - Die Toten sind heute nicht sicher, wenn der Feind siegt.“
Im Katalog zur Ausstellung erklärt F. A. sein Projekt: „Dieses Projekt handelt von einem öffentlichen Raum - einem Raum, der mit dem Allgemeinen zu tun hat, aber auch mit seiner politischen und sozialen Dimension -, genauer gesagt, von einer riesigen Betonplatte an der Stelle, wo die Diagonal, eine quer durch Barcelona führende Verkehrsader, endet. Darunter liegt eine Kläranlage und bald wird dort ein offener sechzehn Hektar großer Platz mit Blick aufs Meer entstehen. Dieser Ort wurde als Schauplatz des Forums 2004 ausgewählt. Auf ihm sollen die Hauptveranstaltungen stattfinden und die Besucher empfangen werden: ein Platz für workshops, Konzerte und einen großen Freizeitpark. Unter dieser Steinplatte war das Camp de la Bota, ein Lager, in dem mehr als 1700 Menschen durch die Repression der Franco-Diktatur umkamen. Erinnerung Diese Krise der Erinnerung in dieser Landschaft, die untergetaucht ist im Verlust jeglicher Objektivität und jeglichen Verantwortungsgefühls für das Gelände als Stifter von kultureller Identität: hier die Brustwehr. Das war eine Mauer, eine quer zum Strand errichtete Wand; das war eine gewaltige Masse auf einem offenen Feld. Man gelangte dorthin über einen Weg, der zu jenem Strand führte, wo die Exekutionskommandos ihre Arbeit taten, nämlich zu schießen. Kultur Kultur ist ein Vorwand für den sozialen Fortschritt und das ökonomische Wachstum geworden. Und für den vereinheitlichenden Druck, den die moderne Gesellschaft mitsamt ihrem Konformismus in einer Konsumgesellschaft ausübt. Unser Wohlstand gründet sich auf dem Vergessen. Dieses Vergessen ist eine Ungerechtigkeit, auf der sich unsere Gegenwart errichtet. Trägheit Wie soll man in einer Zeit flüchtiger Identität - wo alles weggeworfen wird - das Wissen um das Wesen des Erbauens rechtfertigen? Verjährung Gegenwärtig wirkt ein ideologischer Mechanismus, der die Macht hat zu verbergen, zu entwerten und zu entpolitisieren. Kann man in einer postkolonialistischen Epoche, die ein entstelltes Bild der Geschichte liefert, noch von Gerechtigkeit (Ungerechtigkeit) und Leiden sprechen? In einer Konsumgesellschaft, in der alles verjährt, brauchen wir eine neue demokratische Kultur.“ Francesc Abad, El Camp de la Bota, 2004-2006.
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